Als gäbe es nicht schon genug Bibeln, Bibelinterpretationen und Bibelauslegungen: Es gibt die Lutherbibel und die BasisBibel, die Gute-Nachricht-Bibel und die Bibel in Neuer Genfer Übersetzung. Und es gibt das Buch der Bücher für fast jede Lebenslage: die Bibel in Coronazeiten und als Begegnungsmodell, für Einsteiger und für Kinder, als App für unterwegs, für die Schule, in gerechter Sprache, gedruckt und online.
Und jetzt also auch noch als Rap. Natürlich nicht die ganze Bibel. Der Vikar Lukas Klette von der Nordkirche setzt Bibelstellen in rhythmischen Sprechgesang um, er rappt die Monatssprüche der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen (ÖAB). „Gute Vibes straight outta Bibel“, heißt das auf seinem YouTube-Kanal. Für die Älteren unter uns, die wie ich mit Deep Purple, Emerson, Lake & Palmer und Queen großgeworden sind: Übersetzt bedeutet das etwa: „Gute Stimmung direkt aus der Bibel“.
Um es gleich zu sagen: Ich finde, der Theologe mit der Basecap, dem Vollbart und dem Kollarhemd macht das richtig gut. Seine Botschaft kommt an. Auch bei mir. Während ich am Schreibtisch um das Formulieren „seriöser“ Artikel bemüht bin, lausche ich seinem Text, mit dem er den Spruch „HERR, lass leuchten über uns das Licht deines Antlitzes!“ (Ps 4,7) auf seine Weise interpretiert: „Viele sagen: Wer wird uns Gutes sehen lassen? Letztes Jahr war nicht so geil, mal sehen, was übrigbleibt. So viele Fragen auf dem Weg in eine neue Zeit. Deutschland 2021.“ Meine Füße wippen im Takt, ich spüre den Worten nach und merke: Klettes Texte bringen die Stimmung im Land auf den Punkt, machen Hoffnung und zugleich „Werbung“ für Gott und unseren Glauben an das Gute in der Welt. „Auf ins neue Jahr mit nem schönen Gruß straight outta Lockdown. Amen.“
Als Klettes Projekt Ueberflows 2020 mit Unterstützung des Fachbereichs Popularmusik der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland startete, rappte der Vikar – selbst ganz erstaunt: „Wer hätte das gedacht, dass die Kirche so was macht?“ Die Verbindung aus Rap und christlichen Inhalten finde er nicht ungewöhnlich. Es gebe ja Gospel-Rap im amerikanischen Raum und er finde es spannend, das einfach mal im Deutschen auszuloten, heißt es in einem Beitrag über den Theologen-Rapper auf der Website der Nordkirche (Lukas Klette macht die Bibelstelle zum Rap).
Die Monatssprüche seien die Inspiration: „Die Songs von UEberflows bieten jeweils eine gerappte Auslegung oder eine Nacherzählung der Rahmenstory“, sagt Klette. Im ersten Song „Du allein“ stehe 1. Kön 8,39 im Zentrum. „Du allein kennst das Herz aller Menschenkinder. Ein Song über Zweifel und Unsicherheiten, dem Verlangen nach Geborgenheit – mit einer Botschaft: Auch, wenn wir uns verlassen fühlen, Gott nimmt uns wahr.“ Einfache Wahrheiten, von der jungen Theologen-Generation mit den Stilmitteln des 21. Jahrhunderts richtig gut rübergebracht.
Wer hätte das gedacht, dass die Kirche sowas macht!
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