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Ich konnte der Versuchung wieder mal nicht widerstehen. Wenn sich ein Wortspiel anbietet, geht es mir meistens so. Das æ-Zeichen, dass auf der einen Seite ein a und auf der anderen Seite ein e ist, macht beides sichtbar, die Gedanken und das Gedenken. Um beides soll es in dieser Inspiration gehen.

„Die bestbesuchten Gottesdienste in unseren Gemeinden sind nicht die, die Sonntags morgens zwischen 9 und 12 Uhr stattfinden, sondern die an den Werktagen.“

Mit diesen Worten kann man Presbyterien immer wieder überraschen.
Sind doch Werktagsgottesdienste wie am vergangenen Buß-und Bettag eher schwächer besucht als Sonntage. Aber diese Formen des Gottesdienstes an Werktagen sind ja auch nicht gemeint.
Gemeint sind jene Gottesdienste, in denen es nicht um den Predigttext aus der aktuellen Perikopenreihe,              sondern um Frau Müller aus der Hauptstraße, Herrn Mayer aus der Dorfstraße und Frau Schmitt aus der Bahnhofstraße geht.
Hier kommt die Verwandtschaft, die Freunde und Bekannten und die Nachbarschaft der oder des Verstorbenen zusammen und hören nicht nur etwas über das Leben des verstorbenen Menschen, sondern immer auch etwas von der frohen Botschaft des Evangeliums und der Macht des Glaubens angesichts von Sterben, Tod und Trauer. Hier erreichen wir Menschen, die nicht wegen uns kommen, sondern weil ein Mensch, der ihnen etwas bedeutet hat, betrauert wird, aber sie erwarten von uns eine Antwort auf die Frage, was Leben und Sterben eines Menschen für uns und unseren Glauben bedeutet.

In der theologischen Literatur sowie der Aus- und Fortbildung wird immer noch der Sonntagspredigt und dem Sonntagsgottesdienst die meiste Aufmerksamkeit gewidmet.
Wäre es nicht an der Zeit, genau diesem Bereich des kirchlichen Handelns mehr Aufmerksamkeit zu widmen? Als Kirche haben wir an der Schwelle des Todes etwas zu sagen – oder sind wir selbst schon sprachlos geworden über die Dinge, die über unser irdisches Leben hinausgehen?

Es ist in der Tat nicht einfach, die Balance zu finden zwischen Auferstehungshoffnung und der harten Realität des Todes, zwischen Trost und Vertröstung, zwischen der Biographie der verstorbenen Person und der Botschaft des Evangeliums. Aber wo sollte sich unser Glaube an den auferstandenen Herrn Jesus Christus bewähren, wenn nicht in Leid, Klage, Sterben, Tod und Trauer?

Längst sind es nicht mehr die Choräle aus dem Gesangbuch, sondern die Schlager und Popsongs, in denen Menschen ihren Halt in der Trauer finden. Hier Anschlüsse zu eröffnen, um die verschiedenen und manchmal auch gegensätzlichen Perspektiven und Bilder ins Gespräch zu bringen, kann eine Chance sein, Glauben und Alltag auch über die Kirchengrenzen hinaus zu vernetzen und den individuellen Glauben der Menschen mit biblischer und kirchlicher Tradition ins Gespräch zu bringen. Im Raum zwischen individuellen Lösungen und tragfähigen Traditionen gibt es vieles zu entdecken für beide Seiten. Selten zeigt sich so deutlich religiöse Sprachfähigkeit und Sprachunfähigkeit wie angesichts des Todes und der Trauer – an keinem Punkt sind wir so verletzlich und empfindlich und suchen nach Halt, wo vieles ins Wanken gerät. (Das gilt für die Trauernden genau so wie für die Fachkräfte!) Wenn es uns hier gelingt, aufeinander zu hören und voneinander zu lernen, die richtigen Worte zu finden und sie im falschen Moment nicht zu sagen, kommt es zu gelingender Kommunikation vielleicht auch des Evangeliums.

Währe es nicht an der Zeit, auch in diesem Umfeld nach Erprobungsräumen zu suchen? Formen der Erinnerungskultur einen Raum zu geben? Lange Zeit war die Begräbniskultur eines der Wesensmerkmale des Christentums. Heute machen sich viele Menschen Gedanken darüber, wie sie ihre Angehörigen betrauern oder wie sie selbst begraben werden wollen. Darüber nachzudenken, welche Räume es braucht, um angemessen zu trauern und welche Rahmenbedingungen notwendig sind, was uns im Leben und im Sterben Trost und Halt geben kann und Formen einzuüben, wie dies in der Krise greifbar wird. An verschiedenen Orten in Deutschland gibt es Initiativen von Friedhofs-Cafés, wo Menschen auf den Friedhöfen Ansprechpartner finden, manch einer schafft mit Kolumbarien Orte der Erinnerung [an dieser Stelle sei stellvertretend auf die Martin Luther Kirche in Webenheim erinnert, deren Kolumbarium an diesem Ewigkeitssonntag eingeweiht wurde]und wieder andere haben schon lange Trauercafés und Gesprächsangebote im Programm.

Hier tätig zu werden klingt vielleicht auf den ersten Blick nicht so sehr nach „neuen Formen von Kirche“, wenn aber „weder Tod noch Leben, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges uns trennen kann von der Liebe Gottes“ (Römer 8,38) dann sind wir dort, wo es um Leben und Tod geht, genau an der  richtigen Stelle!

Also, vielleicht ist es Zeit sich Gedanken zu machen, wie wir denen gedenken, die nicht mehr unter uns sind und wie wir mit Menschen ins Gespräch kommen, denen wir auf dem Weg der Trauer begegnen.

Es wird Zeit für Gedænken zum Ewigkeitssonntag!

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